Oberallgäu
74. Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche: Bekanntgabe der vier Preisträgerinnen und Preisträger

Bereits seit über 70 Jahren präsentiert die „Kunstausstellung im Rahmen der Allgäuer Festwoche“ die regionale Kunstszene. Vom 9. August bis zum 2. Oktober 2025 öffnet die traditionsreiche Kunstschau in diesem Jahr acht Wochen lang ihre Tore im Hofgartensaal in Kempten.
Die Stadt hat auch 2025 alle professionell arbeitenden bildenden Künstlerinnen und Künstler zur Teilnahme eingeladen. Es haben in diesem Jahr 186 Kunstschaffende, davon 104 Künstlerinnen und 81 Künstler sowie ein Künstlerduo insgesamt 322 Werke zur Jurierung eingereicht.
Die siebenköpfige Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Thomas Kiechle hat getagt, begutachtet, diskutiert, begründet und entschieden. Auch 2025 wurden alle vier ausgelobten Preise zuerkannt:
– der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu), dotiert mit 5.000 EUR
– der Thomas-Dachser-Gedenkpreis, dotiert mit 4.000 EUR
– der Förderpreis der Dr.-Rudolf-Zorn-Stiftung, dotiert mit 3.000 EUR
– das Ausstellungsstipendium der Sparkasse Allgäu, dotiert mit 2.000 EUR
„Wir hatten eine konstruktive Jurysitzung und sind sehr schnell zu guten Entscheidungen gekommen, um unserem Publikum auch in diesem Jahr eine inspirierende Kunstausstellung zu bieten. Heuer haben auffällig viele Künstlerinnen und Künstler die Beziehung des Menschen zur Natur in ihren Kunstwerken thematisiert. Das hat uns sehr berührt, aber auch nachdenklich gestimmt. Und so werden auch die Besucherinnen und Besucher der Kunstausstellung aufmerksam gemacht auf unsere gemeinsame Verantwortung gegenüber unseren natürlichen Lebensgrundlagen. Und das nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit den Mitteln der Kunst: mit Humor, Hintersinn und Herzblut“, so der Juryvorsitzende und Oberbürgermeister der Stadt Kempten Thomas Kiechle.
Gezeigt werden in der diesjährigen achtwöchigen Ausstellung 67 Werke von insgesamt 60 Kunstschaffenden, davon 34 Künstlerinnen und 26 Künstlern. Die Jury wählte 26 Werke aus dem Bereich der Malerei, 9 Grafiken, 12 Plastiken, 8 Fotografien, 3 Skulpturen, 4 Bildobjekte und 5 Installationen aus. Zwei Kunstwerke werden im Außenraum ausgestellt.
Bekanntgabe der Preisträgerinnen und Preisträger
Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) 2025
Der Kunstpreis der Stadt Kempten (Allgäu) wird der Künstlerin Carolin Breme für ihr Werk „Felder“ verliehen.
Carolin Breme über ihre Arbeit „Felder“:
Die Inspiration für meine Arbeiten entsteht oft beim Gärtnern. Durch die Tätigkeit inmitten der Pflanzen tauche ich in Bilder und lebendige Prozesse ein. Auch in den zwischenmenschlichen Begegnungen des Alltags erlebe ich eine besondere Poesie. Jeder Mensch hat seine ganz eigene Geschichte, die vielleicht darauf wartet erzählt und gehört zu werden. Das Schreiben über diese Begegnungen und das künstlerische Arbeiten vertiefen für mich das Gefühl mit der Welt verbunden zu sein.
Die Arbeit „Felder“ zeigt zwei auf Böcken präsentierte Modelle einer Folientunnel-Land-schaft. Mittels Salz wurden in den Tunneln Spargel- und Erdbeerbeete nachempfunden – eine Referenz zur Versalzung des Bodens durch Überdüngung und Überwässerung in der konventionellen Landwirtschaft.
Unter den Modellen stehen Gläser mit eingeweckten Erdbeeren und Spargel – abgestellte Erinnerungen an eine vergangene Zeit.
Zu hören sind Erzählungen von Begegnungen mit Menschen, die anonym hinter unserer Nahrungsmittelproduktion stehen. Frauen, die Opfer patriarchaler und kapitalistischer Strukturen der industriellen Landwirtschaft werden und die im übertragenen Sinne auch für die Ausbeutung der (Mutter-) Erde stehen.
Begründung der Jury zu Carolin Bremes Installation „Felder“
Die Arbeit von Carolin Breme überzeugt sowohl durch ihre Ästhetik als auch den vermittelten Inhalt. Die Künstlerin wirft viele Fragen zu unserem Umgang mit Landwirtschaft und Umwelt auf. Die industrielle Landwirtschaft nutzt Mensch und Natur aus, wobei sowohl der Respekt vor der Natur als auch vor den Arbeitenden fehlt. Die Arbeit hat berechtigterweise einen sehr kritischen Anstrich, aber ohne, dass die Künstlerin jemanden gezielt angreift.
Neben der visuellen Ebene hat die Künstlerin auch eine Audio-Ebene geschaffen. Sie macht an eigenwillig geschriebenen Geschichten von einzelnen Personen aus der Landwirtschaft fest, wie die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sind. Die Audio-Spur ist eine wertvolle Erweiterung der visuellen Ebene.
Die Reihung der Gewächshäuser weisen auf den industriellen Maßstab der Erzeugung von Lebensmitteln hin und nehmen Bezug auf die gigantischen Gewächshausfelder in Spanien, wodurch unser Hunger nach Obst und Gemüse das ganze Jahr über gestillt werden kann.
Im Gegensatz dazu repräsentieren die Gläser wiederum etwas sehr Archaisches. Sie weisen hin auf die Haltbarmachung von Lebensmitteln durch Einwecken, die man heute durch die ständige Verfügbarkeit nicht mehr braucht.
Carolin Breme weist in ihrer Arbeit nicht mit erhobenem Zeigefinger auf die Missstände hin, sondern sie erschließen sich erst, wenn man sich mit der Arbeit auseinandersetzt. Ganz subtil treten sie nach und nach hervor. Die Überlagerung der verschiedenen inhaltlichen Schichten kennzeichnet dieses höchst ästhetische, gesellschaftskritische und preiswürdige Werk.